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Schlagwort-Archiv: Tradition

Zurück in den Tropen

19 Donnerstag Jan 2017

Posted by Andie in Sri Lanka

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friends, Kültür, Nervenkitzel, Safari, Strand, Tradition

Nervenkitzel Zugfahrt

Noch bevor der Zug zum Stehen kam drängelten die Leute gefährlich nah an die Bahnsteigkante.
Wo die ersten Passagiere aus dem einrollenden Zug hüpften, sprangen andere bereits auf, um einen Sitzplatz zu ergattern. Sie warfen eine Tasche oder Klamotte durch das Fenster auf einen Sitz, um den Platz zu reservieren.
Die Passagiere drängten nach innen oder hängten sich außen an den Türen fest. Sobald er stoppte, wurden wir von der Masse in den Zug hineingesogen.
Die ersten Sekunden lang ließen wir noch den vor uns Stehenden den Vortritt, bemerkten aber schnell, dass Höflichkeit hier fehl am Platze war. Also schoben wir uns mit unseren riesigen Rucksäcken ebenso hartnäckig und ohne Rücksicht auf Verluste voran, pressten uns mitten hinein in die schwitzende Menge aus Männern und Frauen, Kindern und Nam Verkäufern, und schafften es alle Viere in den Zug. An einen Sitzplatz war nicht zu denken. In der ersten halben Stunde konnte ich noch nicht einmal meinen Backpacker Rucksack abnehmen, so voll war der Waggon.

Nach einer Weile, als sich alle eingerichtet und einander zugelächelt hatten, gelang es mir, den Rucksack abzunehmen und in einem Gepäckregal neben mir zu verstauen, welches mir dann auch als Stehplatz diente – immerhin konnte ich so abwechselnd das eine oder andere Bein darin locker lassen, so dass ich über mehr Beinfreiheit verfügte als meine Mitreisenden. Abwechselnd mal mit der linken, mal mit der anderen Hand hielt ich mich an den Griffen über mir fest, um einigermaßen das Gleichgewicht im wild ruckelnden Zug zu behalten.
Der Liebste quoll eingequetscht aus dem Gedränge hervor, seine schiere Größe ließ ihn den anderen wohl als Baum erscheinen. Und so hängte sich eine alte Frau an seinen Ellbogen, erschöpfte Männer lehnten an seinem Rücken und dösten im Fahrtwind. Ein lang verlorenes Geräusch erfüllte die Luft. Da-damm da-damm, da-damm da-damm, knatterte der Zug über die alten Gleise.

Ich betrachtete die flache Küste mit dem aquamarinblauen Meer und seelenruhig strahlendem Himmel darüber, weit wie die Welt.
Auf dieser Stecke ereignete sich das mit mehr als 1.500 Toten schlimmste Eisenbahnunglück in der Geschichte der Menschheit, wie mein kompakter Reiseführer verriet. Hier geschah nicht nur die schlimmste Bahnkatastrophe des Landes – vielmehr eine erschütternde Naturkatastrophe, der Tsunami 2004.
Hier stockte der Morgenzug Nr. 50 von Colombo nach Matara und wurde von einer 10 Meter hohen Flutwelle gepackt. In ihrer Verzweiflung retteten sich die Überlebenden auf das vermeintlich sichere Dach und wurden dann mit voller Wucht von der dritten und letzten und höchsten Tsunamiwelle emporgeschleudert und eingesogen, nur um danach wieder ausgespuckt und zurück geworfen zu werden.
Die Urgewalt der lebendigen Verwüstung riss die Gleise heraus, saugte ganze Bäume, Dreck und Schrott und Menschenleiber auf und wirbelte sie herum wie ein erzürnter Gott.
Am nächsten Tag glitzerte das Meer wieder ruhig als sei nichts geschehen.
Überraschend schnell erholte sich das Land dank der rasch wieder zurückkehrenden Touristen von dem Schock. Aber das Entsetzen sitzt tief und es gibt zahlreiche Mahnmale.

Unvorstellbar, wie weit die Schwingungen des Erdbebens zu spüren gewesen waren, wie unfassbar weit sich die Flutwelle ausgebreitet hatte. Sri Lanka ist fast Zweitausend Kilometer von Banda Aceh in Indonesien, das am stärksten heimgesucht wurde, entfernt. Und das Zugunglück geschah im Südwesten, also auf der gegenüberliegenden Seite des Indischen Ozeans. Eine unglaubliche Kraft, die unseren Planeten umgibt. Wasser. Wo Wasser doch sonst für das Leben steht. Hier verursachte es Tod und Zerstörung.

 

reinquetschen
reinquetschen
rumfahren
rumfahren
rauspurzeln
rauspurzeln

Abgesehen von diesem schrecklichen Ereignis ist Sri Lanka stolz auf seine Bahngeschichte. Vor 150 Jahren schnaufte die erste Dampflok von der Hauptstadt Colombo in das rund 50 km entfernte Ambepussa. Seither wuchs das Bahnnetz Sri Lankas auf 1.500 Bahnkilometer an. Inzwischen kurven die Züge als Dieseltriebwagen durch die Gegend, ansonsten hat sich an dem alten Verkehrsmittel nicht viel geändert. So rumpeln und rattern die rostroten, pfeilgeraden Züge noch heute gemächlich durch das Land und quälen sich im Hochland die steilen Trassen hinauf. Wir aber fuhren 115 km hinunter in den Süden, um nach Galle, der viertgrößten Stadt Sri Lankas, zu gelangen.

In zweieinhalb Stunden Schunkeln und Schaukeln, hin und her wiegen, im rhythmischen Geklapper der darunter liegenden Gleise gaben wir uns der langen Fahrt hin, dann spuckte uns der Zug in Galle aus.

Nach einem geschmeidigen Ankommen in Colombo mit den Freunden aus Nepal in einem wunderbaren Apartment wollten wir zu den Stränden der Südküste, um die malerischen Buchten zum Entspannen aufzusuchen. Zunächst aber stand Kultur auf dem Programm.

Reisvariationen
Reisvariationen
Hauptstadt Colombo
Hauptstadt Colombo
Colombo by night
Colombo by night

Kultur in Galle

Wir landeten in einem dreihundert Jahre alten Privathaus, wo wir die ersten Gäste eines neuen Homestay in Galle waren, viereinhalb Kilometer vom Bahnhof entfernt hinein in den Dschungel.
Das Haus strahlte freundlich weiß, mit einer hellblau gestrichenen hölzernen Veranda davor. Im Inneren fanden sich grazile Mahagonimöbel, massive Holztruhen und erlesene goldene Traditionsstücke.
Am Morgen wurden wir von wilden Tieren und Vogelgesang geweckt. Zauberhafte Vögel raschelten in den Blättern, Palmhörnchen versteckten sich hinter den Zweigen und Affen durchstoben die hohen Palmenwedel.

An unserem letzten Abend kredenzte uns die Hausherrin ein köstliches srilankisches Abendmahl: Rice&Curry. Reis vom hauseigenen Reisfeld, Saucen aus Kürbis, Bananenblüten, Jackfrucht, Auberginen und roten Linsen aus dem Garten, schön scharf und würzig zubereitet. Die Singhalesen ernähren sich überwiegend vegetarisch, so auch unsere Gastfamilie. Ab da bestellte ich mir meistens Rice&Curry. Die neue Spezialität, mitsamt deren Sambol. Diese scharfe Chilisauce bestand aus hauchfein geschnittenen, kleinen roten Zwiebeln, getrockneten, pulverisierten Chilis und Zitrone. Sehr fein. Wie ich später dazu gelernt habe, gibt es das auch mit frischer Kokosnuss, dünn geraspelt.

Die Altstadt von Galle und insbesondere der alte Leuchtturm machten den besonderen Reiz der Stadt aus. Hier erhob sich einst der erste Leuchtturm Asiens, der aber im Zweiten Weltkrieg zerbombt wurde. Der Ort diente früher auch als Startpunkt für Brieftauben, die besonders eilige Post aus Europa aufnahmen und in nur 45 Minuten nach Colombo flatterten.

300 Jahre Traditionshaus
300 Jahre Traditionshaus
Leuchtturm
Leuchtturm
Stilleben
Stilleben

Reif für die Insel

Nach Galle waren wir dann reif für die Insel: endlich nur noch erholen! Wir alle brauchten so dringend Ruhe und Frieden. Quality time mit guten Freunden.
Eine Woche lang erkundeten wir den tiefen Süden mit seinen einsamen Palmenstränden, die wir so vermisst hatten. Rubinrote Sonnenuntergänge, die dem dauerknipsenden Pascal seinen neuen Spitznamen Uncle Sunset einbrachten, kristallklares Meer, köstliches Sea Food, erstaunlich gutes einheimisches Bier und gute Gespräche und Lektüre. Wunderbar.

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Must-see: Safari

Nach ausreichend Sonne und Meer und der besten Silvester-Strandparty aller Zeiten wollten wir wieder was erleben und begaben uns nach Yala zur Safari.

Gesagt, getan. Alles blitzschnell organisiert, Tangalle am Morgen verlassen und schon am Nachmittag knatterten wir mit einem Safarijeep durch den Yala Nationalpark.
Wir waren ja von Afrika verwöhnt und hatten in Kenia die Big Five gesehen. Daher gaben wir uns ganz bescheiden und hegten keinerlei Ansprüche. Wobei, ich muss gestehen, ich hoffte ja klammheimlich, einem Leoparden zu begegnen. Immerhin hat Sri Lanka in den Nationalparks eine dichte Population aufzuweisen, da sollte doch einer für uns dabei sein.

Wir drangen tief ein in einen freigegebenen Bereich des Parks. Safaris sind wohlweislich zum Schutz der Tiere nur in einem bestimmten Gebiet erlaubt. Alles andere dient als Rückzugsort und Freiraum.

So erfreuten wir uns an farbenprächtigen Vögeln, leuchtenden Pfauen, wovon ein besonders elegantes Männchen sogar sein Rad präsentierte, bestaunten Pelikane und Störche. Wir trafen auf Wasserbüffel, regungslose Krokodile, die im seichten Tümpel auf Beute lauerten, in sicherer Entfernung weidendes, graziles Wild (Sambar- und Axis- Hirsche), Mungos, die ungeschlagenen Bezwinger der Schlangen, und massige Elefanten.

Gegen Ende der Tour, als wir uns fast satt gesehen hatten an der aufregenden Flora und Fauna, eingerahmt vom aufblitzenden Meer im Hintergrund, schnatterte unser Fahrer mit einem Mal aufgeregt am Telefon. Er latschte auf das Gaspedal und schoss mit uns die rote Piste entlang. Er hatte ein Signal empfangen, da war etwas ganz besonderes. Wir sausten an riesenhaften urtümlichen Bäumen entlang hinein in das Herz der Wildnis.

Dann kündete eine Reihe parkender Safarijeeps davon, dass wir angelangt waren. Der Fahrer steuerte geschickt auf eine Lichtung zu. Da war ein Sandhügel. Darauf bewegte sich etwas.
Eine vertraute, regelmäßige Bewegung: der Leopard leckte sich die Tatze. Dann schleckte er sich mit der Zunge über das Gesicht und wandte sich demonstrativ ab. Ungeachtet seines Desinteresses betrachtete ich durch das Fernglas jeden einzelnen Tupfen, seine weißen Schnurrhaare, seine leuchtend gelben Augen, sein seidig schimmerndes Fell, seine beeindruckende Schönheit.

Er ließ sich von dem Tumult um seine Anwesenheit nicht stören. Die aufgeregten kleinen Menschlein rissen sich darum, einen Blick auf ihn werfen zu dürfen. Ihn in seiner Wildbahn, in seinem einigermaßen authentischen Lebensraum zu betrachten: der Sri-Lanka-Leopard (sie nennen ihn kotiyā) ist nur hier auf der Insel zu finden.

Wir stellten uns die Frage, ob wir ein Teil der Lösung oder des Problems waren. Wir tippten auf Lösung. Immerhin sorgen die Eintrittsgelder für den Park dafür, dass sein Leben geschützt wird. Früher wäre er als Trophäe gejagt worden.

Es ist schon bizarr: erst knallt der Mensch diese Kreatur ab, später rauft er sich darum, sie mit der Kamera zu schießen und daheim seinen Lieben als Schnappschuss zu präsentieren. Aber immerhin bleibt so eine große Population seiner Artgenossen erhalten.

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Tempel

Wir haben uns tatsächlich nur einen Tempel angeschaut, aber dieser war natürlich ganz besonders! Dort gab es sogar eine Hölle. Und ich habe erfahren, dass Buddha einst auch als Löwe wieder geboren war.

Die größte Buddha Statue
Die größte Buddha Statue
fein gestaltet...
fein gestaltet…
... aus Fliesen
… aus Fliesen

 

Teeplantagen: Lipton’s Seat

Auf 2.000 Meter Höhe – nicht gewandert, dafür mit einem sehr bequemen, italienischen Tuk-Tuk hochgeschnauft, erlebten wir eine völlig andere Klimazone. Tagsüber war es kühl, die Luft schön klar und nachts bibberten wir vor Kälte.

Dort oben haben wir den Teepflückerinnen bei der Arbeit zugeschaut und deren routinierte Bewegungen bewundert. In respektvollem Abstand lächelten wir einander zu. Ich hatte schon vorher bemerkt, dass die Teeplantagen ganz akkurat geschnitten waren. Hier habe ich erfahren, warum. Sie arbeiten im Stehen, auf Hüfthöhe schneiden sie die frischen, grünen Blätter mit einer Art Handschaufelschere. Mit jedem Schnitt landen die Blätter seitlich auf den breiten Kufen, die gerade geformt wie eine Handschaufel die Ernte sammeln. Wenn links und rechts genügend Blätter darauf sind, wirft die Frau den Inhalt der Schaufel mit einer geübten Geste nach hinten in ihren Ernterucksack. Am Ende des Tages werden die vollen Säcke abgewogen und der aktuelle Tarif ausgezahlt. Die Arbeit erscheint mühsam, doch in dieser Plantage gab es auch social welfare, mit Krankenstation und Kindergarten. Mir fiel sogar eine Hebammen Station auf.

Ganz oben erwarteten wir eine grandiose Aussicht bis zum Meer hinunter. Der Blick fiel dann nicht ganz so spektakulär aus, da es sich am Nachmittag relativ schnell zu zog. Es war aber immerhin noch weit genug, um zu erahnen, warum der gute Mann regelmäßig hier hoch gewandert war. An seinem Stammplatz sitzt tatsächlich eine Bronzefigur aus Pappmaché. Sir Lipton, dem allerdings seine Teetasse abhanden gekommen war. Natürlich haben wir dort oben Lipton Tee getrunken. Ansonsten trinke ich den nie.
Der aromatische Duft des frischen Tees in Sri Lanka, Ceylon Tee, stieg mir in die Nase, auch unten im Tal. Wir alle kennen ihn. Noch nie hatte ich ihn so eindrücklich in meiner Umgebung vernommen. Der ganze Ort war erfüllt davon.

Strassenmarkt
Strassenmarkt
Betelnuss -auch hier ;)
Betelnuss -auch hier 😉
Hochland
Hochland

Stadt der Edelsteine

Nach dem Abenteuer im Hochland zog es uns wieder zurück an den Strand. Wir machten uns auf zur letzten Station vor unserem Abflug, nach Negombo. Diesmal gönnten wir uns einen Fahrer mit Minibus. Ich hatte ja eigentlich vor, Ratnapura, die Stadt der Edelsteine, zu besichtigen, doch den Plan hatten wir als zu umständlich verworfen. Nach einiger Zeit machte unser Fahrer in einem Ort eine zufällige Pause. Der Liebste wollte Kaffee. Welch Koinzidenz: wir standen mitten in Ratnapura. So landeten wir im Gems Museum und kamen als Saphirjäger wieder heraus.

Ayurweda

Im Spice Garden in Koggala wurden wir zu Ayurweda Anhängern. Hochwirksame Kräuter- und Pflanzenextrakte, Öle und Salben, für jegliche Beschwerden ein Mittelchen: beruhigendes Aloe Vera für die sonnenstrapazierte Haut, wohlriechendes Sandelholz zur Behandlung von Hautunreinheiten oder eine komplexe Mischung aus Jojoba, wilden Zwiebeln und Knoblauch und anderen Substanzen zur Haarentfernung. Rein und wertvoll und verblüffend heilsam.

Macht stark und schön

Macht stark und schön

Am letzten Tag gönnten wir uns alle eine komplette Ayurveda Behandlung. Vor der Behandlung wird erst einmal der Puls und Blutdruck gemessen, das Alter erfragt und in die Augen gesehen. Ein Lächeln hilft immer.
Vor der Massage fragte mich die noch unerfahrene Shaman, ob ich Christin sei und zeigte mir ihr juwelenbesetztes Kreuz am Hals. Dann balsamierte sie mich ein mit lauwarmem Öl und begann sachte mit der Massage. Zwischendurch erkundigte sie sich bei der umherschwirrenden Leiterin des Instituts, Doc, ob sie es richtig mache. Doc war ganz eindeutig der Boss. Das fand ich gut. Anfangs eher eine Streichelmassage, traute sich Shaman langsam spürbar mehr zu. So intim, und doch so respektvoll wurde ich noch nie von einer Fremden angefasst.

Im Anschluss ging es zum Steam Bath, das Dampfbad war bereit. Wie in einem Holzsarkophag lagen Blätter eines Akazienbaums darin. Im Inneren sammelte sich der Dampf, vermischte sich mit den Blattausdünstungen und drang dann in meine Haut ein.

Stirnölguss (Shirodhara)

Stirnölguss (Shirodhara)

Danach gab es belebenden Spice Tea und dann die letzte Prozedur, der Stirnölguss (Shirodhara). Dabei tröpfelte Shaman in regelmäßigen Ergüssen gut einen Liter erwärmtes Kokosöl über meine Stirn. Zuweilen ließ sie es auch in sanften Wellen über mein Haupt gleiten. Genauso regelmäßig zog sie heimlich ihre Nase hoch. Aus Respekt putzte sie sich nicht die Nase. Durch ihr leichtes Schnüffeln wusste ich immer, wo sie sich bei mir oder im Raum aufhielt.

Kontrastprogramm

Nach einem letzten Abendmahl war unser Familienurlaub mit den Freunden auch schon vorüber und wir saßen im Flieger gen Europa.

Auf unserem Zwischenstopp in Doha hatten wir fünf Stunden bis zum nächsten Flug. Die Zeit wollten wir genießen und checkten uns im Spa ein. Dort spendierte mir der Liebste eine Bali Massage. Herrlich kraftvoll und auflockernd, knetete mich die Masseurin zurecht. Verspannungen weggeschoben, aufgelöst, glatt gestreichelt. Danach fühlte ich mich frisch und belebt für die Heimreise.

In Berlin erwartete uns schönstes Winterwetter. Wir waren bestens vorbereitet. Von Cri&Pascal hatten wir wunderbar geschmeidige Kaschmirschals aus Nepal zum Geburtstag bekommen. Diese wärmten ganz vorzüglich. Außerdem hatten wir natürlich warme Sachen an und griffbereit ganz oben im Rucksack verstaut.

Der Kontrast könnte nicht schärfer sein. Die gute Laune hält weiterhin an. Ich bin sehr gut im neuen Jahr und hier in Berlin angekommen.

Happy new year, allerseits! 🙂

andere Seite

18 Sonntag Mai 2008

Posted by Andie in Indonesien

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Tradition

Nachdem ich mich nun aufgrund längerer Internetkrise endlich mal wieder melden kann, möchte ich euch mal die andere Seite von Nias vorstellen.

Wir arbeiten ja in einer sehr abgelegenen Gegend und dort herrschen extrem andere Bedingungen. Die Einwohner können sich kaum daran gewöhnen, dass wir „Bulehs“ mit ihnen im Dorf leben und arbeiten. „Buleh“ heisst übrigens Albino und die stehen in der Rangordnung recht weit unten. Kein Wunder, dass sie uns hier meist für blöd halten, was ganz und gar nicht pc ist und worüber ich mich schon einige Male aufgeregt habe – wenn ich auf dem Markt z.B den doppelten oder dreifachen Preis bezahlen soll, nur weil ich weiss bin. Nagut, ich schweife ab…..
Wir hatten letzte Woche Besuch aus Berlin, Nils war da, juhu. Endlich mal ein „Zeuge“. Er wird hoffentlich noch einen Gastkommentar schreiben und die Geschichte bestätigen 😉
Also, zurück zu unserem Dorfleben. Dass wir immer noch mit „Hallo Mister“ begrüßt werden, ist eigentlich ganz süß, kann auf Dauer aber auch nerven. Ein paar Mal habe ich versucht, ihnen klar zu machen, dass ich eine „Miss“ bin, aber das hat nix gebracht. Wenn wir morgens durch das Dorf laufen, um von unserem Häuschen im Feld ins dortige Büro zu laufen (ca. 10 min zu Fuß) rufen und winken uns alle Kinder zu. Jeden Tag, auch auf dem Nachhauseweg grüßen wir brav zurück, auch den einzelnen Personen, die uns über den Weg laufen & Ya’ahowoo („Grüss Gott“) rufen….
Das Büroleben läuft eigentlich ganz normal ab, ausser, dass wir „im Feld“ weder Internet- noch Telefonverbindung haben, dafür aber immer wieder Lampomati („Tote Lampe“). Habe ich schon erzählt, wie Arndte neulich unter seinem Schreibtisch einen länger nicht mehr benutzten Ordner hervorholte und darunter eine Baby-Python auftauchte? Naja, ganz normal eben 🙂
Richtig heftig wird es aber, wenn wir einen Ausflug in eines unserer sehr weit entfernt gelegenen Dörfer im Projektgebiet unternehmen. Nils‘ Besuch habe ich zum Anlass genommen, mal ein wenig raus zu kommen und wir haben uns auf den Weg nach Hilimehaga gemacht. Es liegt im Südosten von Nias, hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen… Man muss einen zweistündigen Fussmarsch über einen kaum wahrnehmbaren „Pfad“ bewältigen, der durch dicke, fette, tiefe Schlammlöcher führt, über Flüsse, die man entweder zu Fuss durchquert oder sich an zusammen gebrochenen Brücken darüber hangelt, durch Reisfelder, knietiefe Pfützen, eher Wasserlöcher, das alles im feuchtheissen, tropischen Klima durch den Dschungel. Anfangs waren wir noch etwas vorsichtig und versuchten, unsere Schuhe rein zu halten und die Füße nicht in den Schlamm rutschen zu lassen. Allerdings mussten wir schon bald fest stellen, dass das vergebens ist, denn um durch diese Schlammlöcher zu waten bedarf es feinmotorischer Übung, die wir leider nicht hatten. Deshalb, Augen zu und durch den Schlamm. Da es für uns das erste Mal war, war es zwar besonders anstrengend, aber auch lustig. Wir waren ja nicht ganz allein, sondern in der Gruppe mit unserem Projektkoordinator Arndte, unseren Architekten Rico und Nicole und drei lokalen Mitarbeitern, wovon einer die Führung übernahm um uns durch den Schlamm zu lotsen. Besonders schwierig wurde die Tour durch unser Proviant von Wasser und „Bungus“, so nennt man „Reis-Fast Food“, das man in einem kleinen Plastikbeutel bekommt, und das beides mein Gleichgewicht beim Versuch, möglichst leicht und elegant die Schlammgrube zu überqueren, empfindlich störte. Wir schwankten und hangelten uns also über die riesigen Matschfelder und das hatte definitiv etwas slapstick-artiges 🙂
Nach dem zweistündigen Marsch durch den Schlamm machten wir Halt in einem der für die Reparatur vorgesehenen Häuser und kauten erstmal schön Bethelnuss. Nils und ich sind schon bei der Verlobungsparty von Robert & Ery auf den Geschmack gekommen und ich habe mir zeigen lassen, wie man das traditionell herstellt: Du nimmst die frische Bethelnuss, schälst sie, und wickelst sie in ein mit Kalk bestrichenes Blatt. Das ganze wird dann gekaut und hat eine erfrischende und anregende Wirkung, die den Speichelfluss anregt und dein Zahnfleisch rot färbt. Man sieht ein bisschen aus wie ein Vampir, der eben einen frischen Jungfrauenhals ausgetrunken hat, man hat auch einen leicht irren Blick, aber immerhin gelingt dann der weitere Marsch zum nächsten Dorf wie im Fluge. Das allerletzte Dorf liegt an einem Flussbett, es sieht ein wenig aus wie an der Isar in Bayern, nur leider ist das Wasser nicht ganz so kühl. Wir haben uns trotzdem mit Klamotten in die Fluten gestürzt, sehr zur Belustigung der Kinderschar aus dem Dorf, die uns belustigt, gar kreischend, zugesehen haben. Wir schwammen also in dem herrlichen Fluss, und kaum waren wir wieder draussen – schwamm eine giftgrüne Schlange an uns vorbei. Gruslig! Wir wissen nicht genau, ob sie wirklich giftig war, angeblich ja, aber allein der Gedanke, dass wir da eben noch im Wasser waren und sie nur gewartet hat, dass wir endlich abhauen war mir schon unheimlich.
Naja, wir haben das ganze ja überstanden und auch den Weg zurück überlebt, aber waren schon erleichtert, als wir auf dem Rückweg gesund und munter unser warmes Bier geniessen konnten 😉

Habe ja eben schon die Verlobung von Robert & Ery erwähnt. Die beiden sind eines der vielen indonesisch-deutschen Paare, die sich vor den Traualtar wagen (müssen). Die hiesigen Heiratsbräuche sind recht verschieden von den unsrigen. Es gilt bis zur Hochzeit jede Menge Zeremonien zu bestreiten. Ich glaube, ich war jetzt schon auf drei verschiedenen Verlobungsparties von den beiden. Die letzte, offizielle, Zeremonie, war in Lahewa, im Nordwesten von Nias. Dort leben die Eltern und Verwandten von Ery. Um überhaupt heiraten zu dürfen, musste Robert stolze 11.000.000 (elf Millionen!) Rupiah Brautpreis auf den Tisch legen. Das sind ca. 1.100 US$. Das durfte er aber nicht direkt an die Eltern übergeben, sondern an einen Unterhändler. Bei der letzten Veranstaltung handelte sich um die Ringtauschzeremonie. Dafür werden die Ringe in Wasser gelegt (damit man schon mal „mit allen Wassern gewaschen“ ist) und mit Mhyrre dem Heiligen Geist näher gebracht. Die Braut darf während der ganzen Veranstaltung nicht lachen, sondern muss vorgeben, todunglücklich darüber zu sein, das Elternhaus zu verlassen. Es fliessen also jede Menge falscher Tränen und ne Menge Kohle. So wird sich auch die Mutter die letzte Umarmung und den letzten Kuss ihrer Tochter nach der Hochzeit teuer erkaufen: happige 1,5 Mio. kostet der Spass. Und dann kommt natürlich noch die Hochzeitsfeier hinzu, bei der bevorzugt gekochter Schweinekopf und Schweinehirn gereicht wird. Hmm…..lecker. Bis auf uns dumme Bulehs haben auch alle schon bei der Verlobung kräftig zugelangt… Bei der Hochzeitsfeier wird das Brautpaar auch nicht, wie bei uns, reichlich beschenkt, sondern muss den Gästen sogar noch Souvenirs mitgeben. Strange, but true. Nix gegen andere Sitten, aber für uns erscheint das alles recht unecht und unfair.

Naja, andere Länder, andere Sitten… Eine weit verbreitete Freizeitbeschäftigung stellt das Abschiessen von Singvögeln dar. Habe heute in dem Grundstück neben uns ein paar komische Typen rumschleichen sehen – mit ner Knarre in der Hand. Kam mir ein bisschen unheimlich vor, wie sie da mit ihrer Waffe vor unserem Haus rumhantiert haben. Allerdings haben sie „nur“ ein paar Vögel versucht abzuschiessen. Eine Delikatesse für Indonesier: Vogel am Spiess. Die erlegten Tiere werden frittiert und auf Satéspiesse aufgepickt.
Dafür habe ich mir dann am heiligen Sonntag schon um 11h ein Bier aufgemacht. Ist wahrscheinlich für die Eingeborenen ebenso unverständlich und mir hilft es, das alles mit einem müden Lächeln zu kommentieren.

Wie einladend ein echter Niasse mit Knarre aussehen kann, seht ihr auf dem beigefügten Foto. Das hat Arndte letzten Freitag bei einer Baustelleninspektion gemacht.

So sieht wahrscheinlich auch der Kerl aus, der bereits zum zweiten Mal in unserem Haus eingebrochen ist. Beim ersten Mal kam er gegen 4h nachts und hat sich in das Zimmer der darin schlafenden Ilda geschlichen. Hat ihr ganzes Geld geklaut und danach noch die Chuzpe besessen, bei uns (mir und Arndte) einlaufen zu wollen. Allerdings habe ich ja einen extrem leichten Schlaf und bemerkt, dass da jemand die Tür zu unserem Zimmer aufmacht. Habe versucht, Arndte zu wecken, der erstmal „Erdbeben“ rief. Nee, kein Erdbeben – Einbrecher. Natürlich ist der Kerl unerkannt verschwunden, hat es dann aber einen Monat später wieder erfolgreich geschafft, uns auszurauben. Unser Kollege Daniel hat ihn sogar noch gestellt, dennoch konnte er entkommen – mit Ildas Computer, Blueberry, Schmuck und Tasche. Verdammt!

Seitdem haben wir vierfachen Stacheldrahtzaun um unser Grundstück, riesige Scheinwerfer beleuchten uns des nachts und die Security wurde verstärkt. Mutet ein bisschen KZmäßig an, aber wir nehmen es mit Humor.

Nur mit Humor kann man auch die seltsame Vorliebe der Einheimischen und mancher angeheirateter Indonesier verstehen, die für die furchtbar stinkende Frucht Durian schwärmen. Im Moment haben wir Hauptsaison und das Zeug wächst und stinkt überall. Es stinkt wie vergammelte Melonen, vermischt mit einem leichten Zwiebelaroma. Man sagt, es stinkt wie die Hölle, aber schmeckt wie der Himmel, aber ich war bisher noch nicht fähig, es über mich zu bringen und das Zeug zu versuchen. Es stinkt jedenfalls zum Kotzen und ich werde diesen zweifelhaften Genuss wohl auslassen. Ich bin ja wahrscheinlich nicht besonders ignorant und versuche fast alles, aber Durian – nee, danke. Gestern Abend hatten wir wieder eine der vielen Feten hier und als die Leute dann ihren Durian anschnitten, habe ich mich verzogen. Vielleicht im nächsten Leben. Dann halte ich mich lieber an die Bethelnuss.

So viel also für heute von meinen interkulturellen Erfahrungen.
Erdbeben gab es übrigens keine nennenswerten. Nach dem Ausflug zur Ringtauschzeremonie in Lahewa haben wir eines knapp verpasst (wir waren schon weg, als es schwankte) und heute morgen gab es auch eins, aber nur ganz leicht.

Wir haben jetzt nur noch drei Wochen hier, dann haben wir es geschafft. Wir haben unsere Verträge nicht verlängert und werden im August wieder Berlin heimsuchen 🙂

Über Ostern waren wir ja in Melbourne, wo es phantastisch war und ich am liebsten gleich geblieben wäre. Leider ging das nicht gleich, aber die Chancen stehen gut, dass wir dort noch mal vorbeischauen und uns evtl. auch anpflanzen.

Als nächstes Ziel steht erst mal Teheran an. Wir wollen dort Arndtes Schwester besuchen, die dort für die deutsche Botschaft arbeitet. Wird bestimmt auch noch mal ein schöner Kulturschock 🙂 Wir hatten geplant, eine Fahrradtour durch den Iran zu unternehmen. Dann haben wir erfahren, dass Radfahren für Frauen verboten ist – achso… Naja, wird bestimmt trotzdem aufregend 🙂

Ich freue mich jedenfalls schon darauf, euch allen alle Einzelheiten zu erzählen! Bis bald! 🙂

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