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~ Fernweh vs. Heimweh

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Schlagwort-Archiv: Tempel

Auf den Spuren des Yeti

22 Freitag Mrz 2019

Posted by Andie in Nepal

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

Annapurna, Chongur, Dhumba See, Kagbeni, Kali Gandaki, Kloster, Muktinath, Mustang, Pilger, Shaligram, Tempel, Tibet, Yeti

Auf der alten Handelsstrasse zwischen Tibet und Indien durchqueren wir das tiefste Tal der Welt und wandeln auf den Spuren des Yeti. 

Kali Gandaki, ein Fluss durchtrennt den Himalaya

Ein Jeep mit Allradantrieb ist das passende Gefährt für die abenteuerlichen Buckelpisten. Man schaukelt voran auf unbefestigten Strassen, die jeder Beschreibung spotten, und die Insassen wünschen lassen, sie trügen Helme – im Auto. Wie ein ausgefranster Saum zieht sich der Geröllweg eine steile Felswand entlang. Beim Blick hinunter könnte einem angst und bange werden. Unter uns verengte sich der Abgrund zu einer tiefen Schlucht: das Flussbett des Kali Gandaki bildet das tiefste Tal der Welt. Hier verlief die alte Handelsroute zwischen Tibet und Indien.   

Kali Gandaki

Zwischen Kalopani und Larjung, dort wo das Tal den Hauptkamm des Himalaya durchschneidet, liegt auf ca. 2.540 m die Sohle des tiefsten Tales der Welt. Der Höhenunterschied zwischen der Talsohle und dem westlich liegenden Gipfel des Dhaulagiri (8.167 m) beträgt dort mehr als 5.600 Meter. 

Das schier Unvorstellbare daran: der Fluss war schon da, bevor die Natur beschloss, das höchste Gebirge der Welt zu schaffen und die Berge nach oben schob.

Kali Gandaki_Kagbeni
Kali Gandaki_Schlucht
Kali Gandaki_Strasse
Kali Gandaki_Women
Kalo Gandaki_Abgrund

Die Dörfer im Mustang wirken wie aus der Zeit gefallen. An der Grenze zu Tibet gelegen und eng damit verwoben, hat sich „little Tibet“ seine Ursprünglichkeit bewahrt.
Die mittelalterlich anmutenden Häuser aus weiss getünchtem Mauerwerk und behauenem Stein vom nahe gelegenen Flussbett schmiegen sich an den Bergrücken wie eine Horde Ziegen, die Schutz sucht. Aufgetürmte Holzbalken auf den Dächern künden von eisigen Wintern.
Überall flattern bunte Gebetsfahnen und tragen Wünsche und Sehnsüchte in den Wind. Am Ende der engen Gassen winken die hohen Berge, wie ein Onkel, der sich immer ins Bild mogelt. 

Marpha_Berge_Onkel
Marpha_Fahnen
Marpha_Gassen
Marpha_Gompa
Marpha_Häuser
Marpha_Holzfenster
Marpha_Pferde

Hinter Jomsom, wo sich der Flughafen nach Mustang befindet, der die Flieger empfängt, die mitten durch den Himalaya brausen, liegt ein spektakulärer Bergsee, der Dhumba See. Der Sage nach ist der See heilig und wird vom König der Kobras bewohnt, dem Seelenverwandten von Lord Shiva. Die schneebedeckten Gipfel der siebentausender Nilgiri Berge spiegeln sich im klaren Wasser. Es ist unwirklich schön. 

Dhumba

Nachdem man das Flussbett des Kali Gandaki hinter sich gelassen hat, erreicht man Kagbeni, das Tor zu Mustang auf 2.800 Metern Höhe. 

In diesem Winter lag dort so viel Schnee wie seit Jahren nicht mehr. Noch immer türmten sich meterhohe Schneemassen auf den schmalen Wegen. Die hartgesottenen Einheimischen sammelten den Schnee auf Handkarren und zogen diese ans Ende des Dorfes, um ihn dort die Schlucht hinunter zu stürzen. Wochenlang war kein Durchkommen, die ohnehin schwierigen Strassen unpassierbar.
Wir waren eine der ersten, die auf der gerade wieder frei geschmolzenen Strasse zum heiligen Tempel hinauf fahren konnten.
Die an sich schon sagenhafte Gegend wirkt mit Schnee verziert wie ein leckeres Eis mit Sahne. Die Eiskristalle funkeln in der Sonne und lassen den blauen Himmel, die schneebedeckten Berge und Täler mit den winzigen Dörfern aussehen wie eine Fototapete.

Man kann sich gut vorstellen, wie der sagenumwobene Yeti in sein wärmendes Fell gehüllt über die Gipfel steigt. Ich hätte mir auch ein Yetifell gewünscht, denn in den Nächten war es dort oben im Mustang bitterkalt. Zum Glück hatten wir unsere Wärmflasche dabei. 

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Zur Pilgerfahrt nach Muktinath

Muktinath (3.760 Meter) ist mit seinen groben Betonklotzbauten ziemlich häßlich. Doch die verschneite Traumlandschaft verlieh auch diesem Ort etwas Zauberhaftes. Im Tempel, einem der wichtigsten Pilgerorte im Himalaya, strömt Erdgas in Form einer blauen Flamme aus, was dem Ort eine mystische Bedeutung verleiht. Jährlich strömen tausende hinduistische Pilger hierher, um sich unter den 108 Wasserspeiern des heiligen Tempels von ihren Sünden freizuwaschen. Vorsichtshalber habe auch ich den Bußgang unter das eiskalte Gletscherwasser gewagt. Im strahlenden Sonnenschein waren die Minusgrade gar kein Problem. 

Hinterher wanderten wir den Berg noch etwas weiter hinauf zum buddhistischen Kloster (Gompa). Die Religionen leben hier in friedlicher Koexistenz nebeneinander. 

Im Kloster setzten wir uns für einen Moment in den Lotussitz, um zu meditieren. Ich schwöre, als ich die Augen schloß, spürte ich eine besondere Energie durch mich hindurchfliessen.
Dann wurde ich abgelenkt durch das eigentümliche Brummeln eines buddhistischen Mönchs, der um uns herum schwirrte und, fröhlich Gebete murmelnd, den heiligen Schrein abstaubte. 

Mit göttlicher Energie gestärkt machten wir uns dann durch Schnee und Eis auf den Weg zur Unterkunft in Chongur, 45 Minuten Fussmarsch. Hier war es unmöglich, mit dem Fahrzeug voranzukommen. 

Am Abend erfüllten die Glöckchen der Ziegen die Dörfer. Sie weiden tagsüber auf den Grasflächen im Hochgebirge, nachts schlafen sie in den Ställen. Jedes Tier weiß ganz genau, wo es hingehört. Sie meckern vor der Tür ihrer Besitzer, bis sie eingelassen werden. 

Muktinath_Gate
Muktinath_Girl
Muktinath_Gompa-inside
Muktinath_Wasserspeier
Muktinath_Gompa-outside
Muktinath_Panorama
Muktinath_Pferde
Muktinath_Tempel
Muktinath_Woman-snow
Muktinath_Woman

Gebirgslandschaft wie auf dem Mond

Mit Hängebrücken über schwindelerregend tiefe Felsspalten, die verschneite Landschaft entlang, als Kulisse die Annapurnas und davor das karge Hochgebirge wie auf dem Mond, so präsentierte sich die Landschaft auf der Wanderung von Chongur nach Kagbeni. Fast fünf Stunden brauchten wir dafür — länger, als gedacht, weil wir vor lauter Staunen und Fotografieren kaum vorankamen. 

Die Aussicht auf die Annapurna Reihe aus Sieben- und Achttausendern ist so unfassbar schön, es ist kaum auszuhalten. Das muss man sich mal vorstellen: man ist schon auf fast Viertausend Metern Höhe und die Berge sind noch einmal so hoch! Wie Staubkörner wirken wir kleine Menschlein im Angesicht dieser Giganten. 

Göttliches Zeichen: Shaligram

Umso erstaunlicher ist es, dass ich in der Steinwüste ein Shaligram fand: ein schwarzer Stein mit der Versteinerung eines Fossils darin, wartete seit Jahrmillionen darauf, von mir gefunden zu werden.
Ja, da war doch was: diese gigantische Landschaft lag einst unter Wasser. Das Shaligram hat noch eine weitere Bedeutung: es gilt als Reinkarnation von Vishnu, die Manifestation des Höchsten.

Chongur-Kagbeni_Hunde
Shaligram
Mustang
Chongur
Chongur-Kagbeni_Wanderung
Chongur-Kagbeni_Hochgebirge
Chongur-Kagbeni_Hängebrücke
Chong
Chong_Hund

Auf den Hund gekommen 

Die drolligen Hunde aus unserer Unterkunft begleiteten uns begeistert schnüffelnd und übermütig umherspringend auf unserer Wanderung. Doch als wir in Kagbeni in den Jeep stiegen, und nach Jomsom brausten, blieben sie keineswegs brav zurück. Oh nein, sie rannten uns hinter, hielten in der aufwirbelnden Staubwolke das Tempo! Schliesslich stieg einer unserer Kollegen aus und scheuchte sie davon, damit sie wieder nach Hause fänden. Widerwillig trotteten sie davon. Schnell fuhren wir weiter, ohne uns noch einmal umzusehen. Wie eine Staubwolke legte sich Traurigkeit auf unsere eben noch so heiteren Gemüter. Der Staub brannte in den Augen. Habe ich schon gesagt, dass die Strassen in Nepal zum Heulen sind? 

Die Schweiz Nepals

10 Mittwoch Okt 2018

Posted by Andie in Nepal

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Halesi, Jiri, Landschaft, Motorrad, Royal Enfield, Schweiz, Tempel

Schon mal auf dem Motorrad eingeschlafen? Auf einer aalglatten Straße, wie ich hier in Nepal niemals zu träumen gewagt hätte, döse ich auf dem Sozius ein.

Dabei hätte ich nie im Traum daran gedacht, dass ich jemals mit einer Motorradgang durch Nepal düsen würde. Wie komme ich überhaupt zu einer Motorradgang? 

Die wilde Truppe formiert sich aus Mr. Boss, seinem Team und Kollegen der Partnerorganisation. Das Team hatte kühn behauptet, bei der Tour über 200 Kilometer an einem Tag mit dem Motorrad fahren zu wollen. 200km? An einem Tag? Auf diesen Straßen? Unmöglich! Das musste ich mir ansehen. 

Das beste Gefährt für eine solche Tour ist eine die Royal Enfield 500cc, ein indisches Motorrad, das selbst eingefleischte Motorradhasser wie mich mit seinem eigentümlich blubbernden Motorsound beeindruckt. 

Ausgeliehen bei einem Schlitzohr in Thamel, der sich nicht darum schert, dass Motorräder eigentlich nicht mehr an Ausländer verliehen werden dürfen, und ausgestattet mit Staubmaske und staubgeschützten Seesäcken machen wir uns auf den Weg. 

Kaum liegt das Kathmandu Valley hinter uns, ist es auch schon Zeit für das Mittagessen. Denn Mittag ist hier schon um halb elf. Gut gestärkt mit Dal Bhat, dem Nationalgericht, sind wir bereit für die große Fahrt. Mit Vorfreude sitzen wir im Sattel doch dann – bockt die Enni. 

Nach 50 km gibt das Motorrad den Geist auf. Sämtliche Versuche der gesamten Motorradgang bleiben erfolglos. Das Ding gibt keinen Mucks mehr von sich. Zum Glück liegt die Strasse runter eine Motorradwerkstatt. Der emsige Mechaniker probiert über eine Stunde alle Tricks und Kniffe, befeuert von guten Ratschlägen des halben Dorfes. Während sich die Jungs an dem Motorrad zu schaffen machen, schlafe ich auf der Werkbank ein. Als ich wieder erwache, kommt die Nachricht, dass wir eine neue Enni bekommen. Wir warten am Ufer eines Flusses, wo sich die Jungs einen irrsinnigen Spass daraus machen, riesige Steine ins Wasser plumpsen zu lassen, um sich gegenseitig nasszuspritzen. Schließlich tuckert ein Angestellter des Motorradverleihers, der Boy, wie man hier sagt, heran und überlässt uns eine neue Enni: zwar kleiner als die andere, aber rot. Passt.


So beginnt endlich die große Motorradtour und sie führt uns auf die schönste Strasse, die ich jemals in Nepal gesehen habe. Die Einheimischen nennen sie die Green Road, weil sie mit lokalem Material nachhaltig gebaut wurde. Darauf gibt es keine Buckel und keinen Staub. Sie wirkt wie eine europäische Autobahn, führt über Serpentinen weich fliessend auf und ab. Ich bekomme einen Geschwindigkeitsrausch bei 50km/h. 

Aber warum ist diese Strasse so wunderbar anders als alle anderen Strassen des Landes? Die Erklärung ist einfach: diese Strasse führt nach Solukhumbu, die Region, wo der Mount Everest steht. Sie ist also für die Touristen so fein gemacht. Auch wir sind heute Touristen und freuen uns über den Ausblick auf das Flussbett des Sunkhoshi River, der in Tibet entspringt und in den Ganges mündet. Wie im Traum sausen wir dahin, lassen Kilometer um Kilometer und den Tag hinter uns.  

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Sternenhimmel – unter uns, vor uns, über uns

Ist das eine neue Sternenformation vor uns im schwarzen Nachthimmel? Aber nein, das muss eine Ansiedlung sein, dort oben in den Bergen, wo die immer gleiche, grelle Stromsparlampe in einzelnen Hütten blendet. Die Grenze zwischen Himmel und Erde ist fliessend. Alles ist schwarz, überall Nacht. 

Unter uns im dunklen Strom des Flusses, den wir immerzu kreuzen, spiegeln sich die Lichter der Dörfer. Die Sterne funkeln unter, vor und über uns. Es wirkt, als brausten wir über den Sternenhimmel hinweg.

Von Staub zu Spritz

Irgendwann verschlechtert sich die feine Straße zur üblichen staubigen Buckelpiste. An einer kniffligen Stelle durchqueren wir den Fluss. In der Dunkelheit ist die Tiefe schlecht auszumachen, mit Herzklopfen gelangen wir sicher auf die andere Seite.

In einem Kaff am Ende der Welt ereignet sich die nächste Panne. Ein Kollege hat einen platten Reifen. Wir warten in dem spärlich beleuchteten Dorf, dass er sein Motorrad repariert. Endlich ist er fertig, doch dann muss nachts um halb elf unbedingt noch einmal angehalten werden – die Kollegen brauchen doch ihren Reis. In der Ecke eines kläglichen Imbisses an der Strasse liegt ein kleiner Junge, nur mit einem Hemdchen bekleidet, schlafend auf einer abgewetzten Decke. Sein nackter Po wirkt schutzlos in dem kalten Neonlicht.

Nachts durch den Himalaya

Die letzte Strecke bis zu unserem Tagesziel Halesi schlängelt sich aufreizend steil bergauf. Bald haben wir mehr als 220 Kilometer geschafft. Die Fahrbahn ist stellenweise sandig oder von unzähligen Schlaglöchern zerklüftet. Wir blicken hinab in das Sternental. Mal links, mal rechts lauert der Abgrund. Keine Leitplanken.

KTM-Helasi_nachts_schatten
KTM-Helasi_nachts_fahrbahn
KTM-Helasi_nachts_fluss
KTM-Helasi_Nachts

Friedliche Koexistenz der Religionen

Am nächsten Tag stehen wir früh auf, um noch vor dem Frühstück den wichtigsten Tempel der Region zu besichtigen: der Halesi Tempel gilt als „Pashupatinath des Ostens“ und ist eine heilige Stätte des Hinduismus. Schön zu sehen, wie hier Hinduismus und Buddhismus friedlich nebeneinander existieren. Links Hindus, rechts ein buddhistisches Kloster, alles easy. Hinter der Tempelanlage befindet sich eine riesige Höhle. Darin soll sich Shiva einst vor bösen Dämonen versteckt haben. Man steigt eine steile Treppe hinab und in einem dunklen Gewölbe viele, viele Stufen empor. In der Dunkelheit quietscht und flattert es, wir erahnen die Anwesenheit tausender Fledermäuse.

Helasi_Hindutempel_ziegen1
Helasi_Hindutempel_ziegen2
Helasi_Buddha tempel
Helasi_Buddhas wisdom
Helasi_Cave1
Helasi_Cave2
Helasi_Cave3_inside-hindu-buddh
Helasi_Cave4_Landschaft
Helasi_Bambus

Traum von der Schweiz

Mittags gibt’s wie immer: Dal Bhat. Also ein Haufen weißer Reis mit Linsensuppe, dazu Blumenkohl und Mangold. Wenn man Glück hat, schmeckt es lecker und es gibt eine gute Chillisosse dazu.

Frauen mit zerfurchten Gesichtern tragen traditionellen Goldschmuck und einen riesigen runden Nasenring. Ich frage mich, wie sie essen können, wo das Schmuckstück sogar bis zur Oberlippe herab hängt.

Sie sind meist in leuchtendes Rot gehüllt, knielange Kleider mit hohen seitlichen Schlitzen, häufig mit Glitzerstickerei verziert, darunter Puffhosen. Und fast alle haben eine dieser langen Ketten um aus glänzenden Glasperlen, in rot oder grün. Meist legen sie auch ein Tuch vor der Brust um die Schultern, sie tragen es genau anders herum, als wir es tun.

Gebückt laufende ältere Herren tragen weite Hosen mit Flatterhemd und Weste und den nepalesischen Nationalhut auf dem Kopf, das Topi.

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Schliesslich gelangen wir nach Jiri, in „die Schweiz Nepals“, 215 Kilometer entfernt vom Ausgangspunkt. Die bewaldeten Berghänge auf 2000 Metern Höhe erinnern tatsächlich an die tiefgrüne Landschaft in Europa, zumal sie dem Himalaya vorgelagert noch nicht von den eisbedeckten Gletschern gesäumt sind und somit einen unverstellten Blick auf die Landschaft und den strahlen blauen Himmel bieten. Statt Reis wachsen hier Pinien und Tannen, wir fahren durch dichten Wald und saugen die klare Luft tief ein.

Wunderschön blau gefiederte Vögel fliegen vorbei, ein Affe sitzt am Wegesrand. Das Knattern der Enni übertönt abertausende Zikaden, es wirkt, als kreischte der Wald vor Freude.

Wir gastieren im „Hotel Zurich View“, einem knallpinken Gebäude mit bunten Wimpeln davor, die im Wind flattern. Am nächsten Tag lassen wir die Schweiz auf uns wirken, dann müssen wir schon zurück nach Kathmandu. 

Die Mittagspause verbringen wir wieder in einem typisch nepalischen Restro mit Plastikstühlen und schrecklicher Musik. Hier gibt es das neue Trendgetränk aus Deutschland, das behauptet, das Einzig wahre Bier zu sein. Ich entscheide mich für Cola in der Glasflasche. Aber ohne Strohhalm. Ich möchte nicht noch mehr Plastik in der ohnehin zugemüllten Landschaft hinterlassen. So schön die sanft geschwungenen Berge mit dem saftigen Wald aus der Ferne auch aussehen, so wütend und traurig macht mich jeder Blick auf den Boden, wo überall Plastikmüll rumliegt und auch in den Flüssen unnormal bunte Fetzen schwimmen.

Jiri_Schweiz_zurich view
Jiri_Schweiz_zurich view front
Jiri_Schweiz_Wald
Jiri_Schweiz_Müll
Jiri_Schweiz_Haus
Jiri_Schweiz_Haus_Fahnen
Jiri_Schweiz_Haus 2

Auf dem Rückweg nehmen wir eine andere Strecke, um nicht den gleichen Weg zweimal zu fahren. Hätten wir nur gewusst, was da auf uns zukommt. Diese Strasse steht im harten Kontrast zur modernen Autobahn. Wir tuckern stundenlang einen buckeligen Feldweg hinunter, überholen dabei lokale Reisebusse und tonnenschwere Lastwagen, die eine schier undurchdringliche dicke Staubwolke hinterlassen. Schade, dass es hier keine ordentliche Strasse gibt. Die Logik dahinter: Keine Touristen, keine Strasse. 

Jiri-KTM_Frühstück
Jiri-KTM_Dal Bhat
Jiri-KTM_Fahrbahn_Fussgänger
Jiri-KTM_Fahrbahn_Geröll
Jiri-KTM_Frauen
Jiri-KTM_Landschaft_Entfernung
Jiri-KTM_Schweiz_Rückweg

Mit Staub im Gesicht, aber die Schweiz im Herzen, erreichen wir am Abend das übliche Verkehrschaos Kathmandus und haben tatsächlich 222 Kilometer geschafft. 

Strassenschild ktm 148
strassenschild nepali
Strecke_Rückweg
Strecke
KTM

Von Tempeln und Hunden

30 Freitag Jun 2017

Posted by Andie in Nepal

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Freunde, Hunde, Kathmandu, Namaste, Tempel

Wenn man in Kathmandu jemand nach dem Weg fragt, wird man immer an einem Tempel entlang gelotst. Dabei gibt es hier so viele, dass sich auch die Einheimischen nicht alle Namen merken können. Kathmandu gilt ja auch als Stadt der Tempel. Es gibt kaum eine Strasse, in der nicht entweder ein Tempel, ein Stupa (eine Art Grabhügel) oder zumindest ein klitzekleiner Altar steht. So zeigt sich im Alltag überall der hinduistische oder buddhistische Glaube.

Beeindruckend sind auch die von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgezeichneten Tempelanlagen in Bhakatpur. Dorthin haben wir unseren ersten Ausflug unternommen und einen Einblick in die hiesige Kultur gewonnen.

Die wohlwollenden Augen Buddhas
Die wohlwollenden Augen Buddhas
Tempel
Tempel
kleiner Altar
kleiner Altar
Durbar Square...
Durbar Square…
... noch immer...
… noch immer…
Erdbebenschäden
Erdbebenschäden
Es gibt auch Katzen!
Es gibt auch Katzen!
Kal Bhairav
Kal Bhairav
Kontemplation
Kontemplation

Beim Eintritt bekommt man eine ordentliche Bescheinigung ausgehändigt und auch im Alltag sind die Nepalesen sehr bürokratisch. Wenn man beispielsweise ein Dokument mit einem blauen, statt schwarzen Stift unterschreibt, wird es von den Behörden nicht anerkannt und man muss alles von Neuem einreichen. Recht kompliziert wird hier alles dadurch, dass man vieles persönlich erledigen muss, da es keine funktionierende Post gibt oder (noch keine) Überweisungsscheine. So wird dann z.B. die Rechnung für’s Internet im hiesigen Büro des Providers oder die Miete direkt beim Vermieter in bar bezahlt.

50 gibt's auch mit Blauschaf
50 gibt’s auch mit Blauschaf
100
100
500
500
1000
1000
Rückseite mit Mount Everest
Rückseite mit Mount Everest

Da hantiert man dann immer mit Riesensummen im tausender Bereich. Die Geldscheine sind übrigens recht leicht zu merken, denn die sind nach Art und Größe der einheimischen Wildtiere sortiert. So ziert den größten Schein, den Tausender (umgerechnet etwa 10 Euro), ein Elefant. Dann kommt der Fünfhunderter mit dem Königstiger, der Hunderter mit einem Nashorn und – mein Lieblingsschein – der Fünfziger mit dem Schneeleoparden. Danach kommen die kleineren Tiere wie Antilopen oder Yaks, eine in Zentralasien verbreitete Rinderart. Auf der Rückseite ist auf allen der Mount Everest abgebildet.

Ich wünschte, ich könnte euch die Aussicht zeigen. Wir wohnen momentan im fünften Stock eines erdbebensicheren Hochhauses, darüber befindet sich noch eine Art Dachterrasse. Von dort hat man einen einen grenzenlosen Blick über die riesige Stadt. Ein Häusermeer, so weit das Auge reicht. Jetzt, in der Regenzeit, herrscht meistens klare Sicht, so dass man in der Ferne im Westen den Swayambhunath Stupa erkennen kann. Die Augen Buddhas sollen mit seinem wohlwollenden Blick (nicht nur) die Gläubigen auf all ihren Wegen beschützen.

Die Aussicht hier werde ich vermissen. Ist schon erstaunlich, wie schnell mein kleines Herz sich für etwas begeistern kann. Bei aller Begeisterung für neue Abenteuer schmerzen all die Abschiede doch immer wieder…

Häusermeer
Häusermeer
überraschend grün
überraschend grün
im Hintergrund die Berge
im Hintergrund die Berge
Abendlicht
Abendlicht
noch Erdbebenschäden
noch Erdbebenschäden
bisschen versmogt
bisschen versmogt
schön geschmückt
schön geschmückt

Wenn man Glück hat, so wie wir letzten Sonntag, kann man im Osten sogar den Himalaya sehen. Das ist wirklich beeindruckend. Man schaut sich die Berge an, zuckt mit der Schulter und denkt, ja, okay, Berge. Bis der Blick nach oben wandert, richtig weit oben, so dass man den Kopf tief in den Nacken legen muss, und da entdeckt man die Spitze eines von tausenden Bergen des Himalayas. Die Berge sind höher als die Wolken – und das ist noch nicht mal der Mount Everest. Unglaublich!

Unglaublich sind auch die Einheimischen – nämlich unglaublich nett! Bisher hatte ich nur positive Erlebnisse. Die Leute stören sich nicht an meinen kümmerlichen Nepali Versuchen oder wenn ich sie der Einfachheit halber auf Englisch anspreche. Mit einem Lächeln gelingt hier fast alles.

Besonders herzlich wurde der Liebste beim Einstand ins Projektgebiet empfangen und sogleich mit etlichen Blumengirlanden behängt, als Ausdruck der Wertschätzung und Verbundenheit.

Die eigentlichen Chefs hier sind aber die Hunde. Tagsüber schlafen sie friedlich, liegen da wie zerzauste Stofftiere. Die anderen Verkehrsteilnehmer umfahren sie vorsichtig, wenn sie auf der Strasse ruhen.

Doch abends, wenn es dunkel wird, kommt ihre Zeit. Als zuverlässiges Wachpersonal verteidigen sie ihr Revier gegen sämtliche Eindringlinge. Seien es Menschen oder freche Artgenossen, die es wagen, unsichtbare Grenzen zu übertreten. Dann wird gebellt, als gäbs kein Morgen mehr. Das geht dann in einem vielstimmigen Kanon so lange, bis alle Menschen im Bett liegen und jeder Konkurrent vertrieben ist.

Und dann, ab fünf Uhr früh, wenn die fleißigen Nepalesen den Tag beginnen, startet das Bellkonzert aufs Neue, untermalt vom rhythmischen Ruf eines Kuckucks, der sich hier irgendwo rumtreibt.

Hunde ...
Hunde …
schlafen ...
schlafen …
überall.
überall.

Daran musste ich mich erst einmal gewöhnen, wie auch an den durchgängig rauschenden, hupenden und klappernden Strassenverkehr. Der Verkehr ist wirklich mörderisch. Wenn mir jemand vor einem Monat gesagt hätte, dass ich hier mit dem Fahrrad rumdüsen würde, hätte ich ihn wohl für verrückt erklärt.

Auf den ersten Blick erscheint es, als gäbe es keine Regeln. Nach einer Weile durchschaut man, wie es läuft. Regel Nummer eins: nicht zurück schauen. Regel Nummer zwei: einfach drauflos fahren. In kurzer Zeit habe ich mich auch daran gewöhnt und fetzte hier wie die Locals durch die City und wage es sogar, rechts abzubiegen – was bei der Masse an Fahrzeugen und Linksverkehr jedes Mal eine Mutprobe darstellt.

So fügt sich der Verkehr relativ reibungslos bis man durch das schrille Pfeifen eines Verkehrspolizisten gestoppt wird. Denn es gibt hier keine Ampeln. Die Verkehrspolizisten stehen mit Atemschutzmasken mitten im Verkehr und schaffen es irgendwie, den Überblick zu bewahren und das Chaos zu regulieren. Auch ich sollte eigentlich mit einer Maske rumfahren, denn die Luftverschmutzung ist unübersehbar. Wenn man nach einem Ausflug in der Stadt zu Hause unter der Dusche steht, ist das Wasser schwarz. Bisher fahre ich allerdings auf kurzen Strecken lieber ohne Maske. Und man sollte nicht wie ich staunend mit offenem Mund durch die Gegend kurven, sondern darauf achten, nur durch die Nase auszuatmen. Sonst kann es schon mal passieren, dass irgendwelcher Dreck in den Mund fliegt, den man dann schleunigst wieder ausspucken muss 🙂

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Nach einem Monat hier haben wir uns dank der gründlichen Einarbeitung durch unsere Freunde Cri&Pascal super eingelebt. Ich weiß, wo ich was einkaufe, kann mein Bier schon auf Nepali bestellen und mit dem Taxifahrer um den Tarif feilschen. Wir haben sogar schon ein Lieblingsrestaurant um die Ecke und gehen regelmäßig zum Yoga.

Das Beste an der ganzen Einführung ist aber, dass wir auch gleich den Freundeskreis von Cri&Pascal geerbt haben. So führen wir nach vier Wochen bereits ein erfülltes Privatleben und treffen uns regelmäßig mit den neuen Freunden. Dadurch bekommen wir tolle Tipps und lernen gemeinsam neue Ecken kennen. So macht das Leben hier wirklich Spaß und schmälert den Verlust der Freunde und Familie am anderen Ende der Welt.

Pascal, Silv, Cri and me

So, jetzt aber muss ich mich wieder um meine Hausarbeit kümmern, ich muss packen! Denn wir ziehen um! Das nächste Mal schreibe ich dann aus der neuen Wohnung.

 

Namaste 🙂

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