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Die Stadt hat sich herausgeputzt wie Aschenbrödel, das den Prinzen empfängt. Die internationale Cricket Society ist angereist, um der Metropole etwas Glanz und Glitzer zu verleihen, die sich anschickt, die diesjährige Weltmeisterschaft auszurichten. Auf den ersten Blick funktioniert die Verkleidung. Dhaka erscheint tatsächlich weniger verwahrlost wie man es für ein solch armes Land erwartet. Die Strassen wirken sauber, es gibt dekorative Festbeleuchtung und kaum bettelnde Menschen auf den Wegen. Wie wir später erfahren, wurde allerdings ein grosser Aufwand betrieben, um genau dieses Bild zu vermitteln. Mithilfe unserer Freunde Rico&Sonya, die in Dhaka leben, gelingt es uns, ein wenig hinter die Kulissen zu blicken.

Was wir hier erleben, ist eine Ansammlung starker Kontraste. Auf der einen Seite Zonen chronischer Verarmung in den slums, gegenüber die Gated Communities, die im Überfluss schwelgen und doch darin ebenso gefangen sind wie die Bewohner der Ghettos. Getrennt nur durch einen See, liegen doch Welten dazwischen.

An unserem ersten Tag unternehmen wir eine Rikscha-Fahrt in der hauseigenen Fahrradrikscha und tauchen ein in das Strassen- und Häusermeer der riesigen Stadt. Offiziell leben hier rund 13 Millionen Menschen, inoffiziell 20 Millionen.

Auffällig schön ist das melodische Gebimmel der Fahrradglocken tausender Rikscha-Fahrer. Bimmeln und Hupen lautet hier die Losung im Strassenverkehr. Auch wenn wir manchmal haarscharf an anderen Rikschas oder Autos vorbeischrammen, der Verkehr bleibt stets im Fluss. Busse fahren auf Kontakt, was man den zwar verschrammten, aber liebevoll bemalten Karosserien ansieht. Wieder beeindruckt mich dieser waghalsige Fahrstil, doch es scheint zu funktionieren. Staus gibt es nur auf den grossen Strassen, wo selbst Verkehrspolizisten daran scheitern, das bunte Chaos zu regeln.

Das Klima während unseres Besuchs ist angenehm – nicht so schwül-heiss wie in Indonesien, aber auch nicht so kühl wie in den Bergen von Laos. Dennoch läuft man hier nicht in Shorts und T-Shirts umher. Auch wenn es nicht offiziell angeordnet ist wie im Iran, habe ich meist einen leichten Schal um den Kopf geworfen. Als Schutz vor der Sonne und neugierigen Blicken. Generell tragen die Frauen hier farbenprächtige Saris, die Männer gestreifte Hemden zu buntscheckigen Sarongs. Die vorherrschende Farbe ist bunt. Überall lugt irgendwo irgendetwas Kunterbuntes hervor. Und sei es einer der vielen leuchtenden Singvögel, die in den Büschen nisten. Wie sich die fröhlichen Farben auf die Menschen auswirken, erfahren wir bei unserem Spaziergang am See entlang. Obwohl die Menschen hier wirklich allen Grund hätten, kummervoll in die Welt zu blicken, strahlen uns Alte und Junge gleichermassen offenen Blickes an. Ich finde es faszinierend, wie es den Menschen hier gelingt, sich trotz aller Widrigkeiten ein sonniges Gemüt zu bewahren. Ein wichtiger Punkt für die Vorbereitung auf das graue Deutschland.

Am Abend erschallt über der ganzen Stadt ein weiter Chor von Muezzins, die zum Gebet rufen. Erst hier, dann dort, dann überall stimmen sie einen melodischen Kanon an, der nicht nur Muslime tief beeindruckt. So volltönig wohlklingend wie hier habe ich den Gebetsruf nirgends erlebt.

Wenn nicht gerade Unruhen die Strassen unsicher machen, wie vor und nach den Wahlen, lässt es sich einigermassen gut leben als Ausländer in Dhaka. Lebensmittel sind zwar teuer, aber in relativ grosser Auswahl erhältlich. Dafür gibt es sehr gute fair trade Geschäfte, die wunderschönes Kunsthandwerk zu einem erschwinglichen Preis anbieten. Ich war nie ein Teppich Fan, doch hier konnte ich nicht widerstehen und so ist unsere Wohnung nun um vier Teppiche reicher. Kinder besuchen internationale Schulen, deren Abschlüsse überall anerkannt werden und fast jede europäische Nation verfügt über einen eigenen Club, wo man sich zum Sport und Erholung trifft. Für NGO Mitarbeiter ist Dhaka vielleicht kein Traumposten, aber immerhin lässt es sich hier eine Weile gut aushalten. Für mich ist es die vorletzte Station vor meiner Heimreise.

Danke Dhaka!

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