Wir hatten ja zwischenzeitlich gar nicht mehr damit gerechnet, aber dann hat es doch geklappt und wir sind tatsächlich losgeflogen: nach Tehran. Wir hatten nur zwei Wochen Zeit, da Arndtes Schwester Daniela selbst abreiste, ihre nächste Station ist Sydney, doch ich denke, wir haben die Zeit optimal genutzt.  Wir waren wandern im Alborz Gebirge, durch Flüsse stapfen wie auf Nias, haha, wir haben die Salzwüste erkundet und Freundschaft geschlossen mit einem Salzwüsten-Baggermann, wir waren per Flugzeug, Bahn und Auto unterwegs, um Yazd, Shiraz, Esfahan und Persepolis zu besichtigen und wir waren auf Familienurlaub am Kaspischen Meer und im heimischen Wochenendgarten. Es war so spannend und interessant. Wir hatten jeweils eine Reiseleiterin, die uns in die entsprechenden Moscheen und zu den denkwürdigsten Sehenswürdigkeiten geführt und erläutert hat. So waren wir u. a. in Yazd bei den Türmen des Schweigens, in Shiraz an des Dichters Hafiz‘ Mausoleum, in Persepolis und in Esfahan in der Frauenmoschee. Wir haben wohl jede wichtige Moschee besichtigt, die größte, die älteste, die einzige Frauenmoschee, die Moschee mit den schwingenden Minaretten… irgendwann haben wir nur noch blaue Kacheln gesehen…. Obwohl die Tour wirklich äußerst interessant war, waren wir dann doch ganz froh, als wir im Zug von Esfahan nach Tehran sassen, in Vorfreude auf ein Familienwochenende mit Daniela.

Plötzlich sehen wir Artikel und Berichte über die persische Kultur und den Iran überall: im Spiegel, im National Geographic, in den Nachrichten sowieso… und wir haben einen Bezug dazu. Die Leute, das Leben dort und die Kultur. ….

Hafiz: Wein, Liebe, Poesie

Persepolis: die Wiege der Völkerverständigung…angeblich. Der Spiegel Artikel dazu ist ganz interessant.

Aber auch die Schattenseiten: Bespitzelung, Terror…. unser Freund Amir hat wahrhaftig 19 Peitschenhiebe für Alkoholkonsum erhalten!!!

Was mich allerdings gestört hat, war der Verhüllungszwang….. von Zwang halte ich nichts. Zumal dadurch auch keinerlei voreheliche Kontakte verhindert werden. Es werden eben andere Wege gefunden: Tehran erstickt im Stau und ein Grund dafür ist das Verhalten paarungswilliger junger Leute am Abend. Das bedeutet, dass sie im Auto sitzen, geschlechtergetrennt und dann gewisse Strassen bei offenem Fenster und lauter Musik auf und ab fahren. Bei Gelegenheit wirft man sich dann Telefonnummern zu, Mobiltelefone sind zwar teuer, aber immerhin erhältlich, und dann trifft man sich eben auf Bestellung auf irgendwelchen Privatparties und da soll es dann ganz schön zur Sache gehen….  Häufig beobachtet man auch nasenoperierte Frauen und Männer. Wo die Nase schon so sehr betont wird, sei es durch Kopftuch oder Zigarette, soll sie besonders perfekt und sexy aussehen… Und so begegnet man neben kopfverhüllten Frauen eben auch nasenverbundenen.

Besonders beliebt bei der Tehraner Jugend ist im Winter auch  das Skifahren im Alborz-Gebirge. Hier trifft sich die Schickeria auf dem Berg und weil man ja beim Skifahren keinen Tschador tragen kann, darf er hier halt auch weggelassen werden. Und bauchfreie Skihüfthosen gibt es auch, also ganz schön sexy, so ein iranisches Skihaserl 🙂 Ich finde es gut, dass die Jugend wenigstens hier einigermaßen ihren Freiraum genießt.

 

Eine kleine Anekdote am Rande ist auch mein Einkaufserlebnis mit Daniela. Wir waren am Kaspischen Meer in einem Klamotten-Laden. Unsere Jungs haben sich ganz konform in der Männerabteilung umgesehen, wir Mädels waren in der Damenumkleide. Ich hatte mir ein paar hübsche Teilchen ausgesucht, Daniela fungierte als Einkaufsberaterin. Ich probierte also die verschiedenen knappen Klamotten und bin damit vor die Umkleidekabine getreten, um mir Danielas Rat anzuhören. Da ich „halbnackt“, sprich, ohne Kopftuch und mit nackten Armen, herausspaziert kam, haben sich plötzlich einige Kunden in der Damenabteilung eingefunden. Als ich schliesslich in einem kurzen Kleidchen mit echt extremen Ausschnitt herauskam, hat dann doch mal eine Mullahmutti protestiert… Oops, kleiner Skandal am Rande…