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Heute Nacht hatten wir ein schweres Beben. 6,2 auf der Richterskala. Ich lag schlafend im Bett, allein, da Arndte im Feld ist, und wurde von einem heftigen Schwanken geweckt. Meine italienische Mitbewohnerin Cristina rief nach mir und mir war klar, dass dies ein heftiges Beben sein musste. Wir rannten aus dem Haus und während wir da standen und überlegten, was wir am besten machen sollten, schwankte die Erde weiter. Das war ganz schön unheimlich und mir wurde schlecht. Ein Gefühl, wie wenn man mit der Achterbahn fährt, die dann plötzlich anhält.
Wir haben uns dann schnell angezogen, ein paar Sachen gepackt (Geld, Computer, Wasser) und sind dann zum nächst gelegenen Berg gerannt. Unterwegs haben wir mit unseren Kollegen vor Ort telefoniert. Auf dem Weg nach oben durch die kleinen Gassen unseres Dorfes Fodo standen manche Leute ratlos vor ihren Häusern. Ihnen machten wir Zeichen oder sagten Gunung, das heisst Berg, um ihnen zu bedeuten, uns zu folgen, was auch einige machten. Die Leute gingen gefasst, fuhren mit allen Familienangehörigen auf einem Motorrad oder Auto hoch. Das war auch ganz schön gruslig, denn so bekam ich ein Gefühl dafür, dass selbst viele Einheimische von der Stärke des Bebens überrascht waren. Kleinere Beben erleben wir ja immer wieder mal.
Kurz darauf stand ich mit Cristina, einer französischen Kollegin und den Mitarbeitern des französischen Roten Kreuzes auf dem Berg, später traf dann noch eine weitere deutsche Kollegin ein. Sie war im Haus geblieben, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte. Falls jemand mal in die Lage kommt: immer aus dem Haus rennen!
Es war ca. 1 Uhr, als das Erdbeben auftrat und nach ca. 1 h Warten auf dem Berg, korrespondierend mit der Internationalen Roten Kreuz Vereinigung, der UN und unseren Sicherheitsbeauftragten kam dann die Entwarnung und wir gingen zurück.
Meine deutsche Kollegin Christina und ich haben uns daraufhin erstmal einen Wodka genehmigt. Der indonesische Wodka schmeckt zwar grauenhaft, aber darauf kam es jetzt nicht an. Christina wollte nicht in ihrem Haus schlafen, denn da ist sie z.Z. allein und das war ihr etwas zu unheimlich.
Zu Hause stellten wir allerdings fest, dass unsere Miau (Katze) völlig geschockt war. Sie hat sogar ihre kleinen Katzenkinder, die vor einer Woche geboren wurden, in ihrem Nest liegen lassen und hat sich allein verkrochen. Als wir wieder da waren, kam sie hervor, aber sie war völlig verängstigt und ich hatte das Gefühl, dass evtl. noch ein Beben folgen könnte, denn Katzen sind ja sehr sensibel für Naturphänomene. Nach einer Weile haben wir uns wieder hingelegt, allerdings in Klamotten, mit unseren Notfalltaschen in Griffweite und offenen Schlafzimmertüren.
Nach ca. 1 h Dösen kam Cristina mit der Nachricht, dass ein weiteres Beben für 4 Uhr vorhergesagt wurde. Also haben wir uns wieder auf den Weg gemacht zum Berg.
Diesmal fuhren wir, sechs junge Frauen, ein Fahrer und ein Hund, mit dem Truck. Wir blieben bis halb sechs oben, es passierte allerdings zum Glück nichts mehr. Eine Kollegin war eingeschlafen und hatte einen Alptraum vom Beben. Sie dachte beim Aufwachen, es sei wirklich wieder eins eingetreten, aber wir konnten sie beruhigen.
Also fuhren wir wieder zurück ins Haus. Leider mussten wir da feststellen, dass von den drei Katzenbabies nur noch eines in seinem Nestchen lag. Das machte mich echt fertig und ich muss gestehen, dass ich da heimlich geheult habe. Ich dachte, die Katzenmutti hätte nur die ersten beiden geholt und dass dieses jetzt allein verhungern würde. Es jammerte auch irgendwo, aber wir konnten ja nichts tun. Haben geguckt, ob wir die Katze irgendwo finden, aber sie hat sich natürlich gut versteckt. Es muss auch in der Küche, wo die Katzenkiste bisher stand, besonders heftig gewesen sein, denn wir haben dort Holzboden, der allein schon beim Auftreten schwankt. Ausserdem waren fast alle Fensterläden aufgesprungen und die Tür wurde aufgeknallt. Die armen Katzen!
Ich habe mich dann trotzdem hingelegt, weil ich ja eh nix tun konnte und bin ein wenig eingedöst. Dass wir nicht mehr pünktlich um 8 Uhr morgens im Büro sein würden, war allen klar. Als ich dann gegen 8 Uhr nochmal nachgeschaut habe, war das letzte Katzenkind auch weg. Seitdem wurde die Mutti einmal kurz gesehen, völlig scheu, sie hat nichts gefressen und ist gleich wieder verschwunden. Wie ihre Katzenkinder. Das macht mich echt traurig, denn natürlich hat sich die Lage wieder beruhigt, aber die Katze ist immer noch völlig fertig.
Besonders fit bin ich auch nicht. Es steht uns frei, ob wir heute ins Büro gehen oder nicht und ich bevorzuge es, lieber dann mal das Warung (eine Mischung aus Café und Bistro) aufzusuchen, denn da gibt es Internet.
Bilanz des Erdbebens bisher: viele zerstörte Häuser in Gunungsitoli, das ist die ca. 10km entfernte Hauptstadt, ein Toter und 2 Schwerverletzte. Unser Haus hat zwei Risse und vier vermisste Katzen. Ansonsten sind alle relativ ok. Es herrscht aber auch etwas bedrückte Stimmung.
Mit Arndte konnte ich noch nicht kommunizieren, weil es kein Netz nach Fahandoma gibt, wo er sich gerade befindet. Ich habe aber gehört, dass es ihm gut ginge.
Mit gehts eigentlich auch ganz gut, aber es bleibt das unheimliche Gefühl zurück, dass man die Natur nunmal weder kontrollieren noch Vorhersagen machen kann.
Ich habe nicht alle Telefonnummern in meinem Handy, habe heute Nacht ein paar SMSe verschickt.
Falls sich jemand Sorgen macht, hier nochmal meine Nummer: 0062 813 9607 2280.
Kann sein, dass SMSe nicht ankommen oder dass ich kein Guthaben mehr habe. Also bitte nicht in Panik geraten, falls ich nicht gleich reagiere.
Nun denn, ich hoffe, ich habe jetzt niemanden beunruhigt. Ich wollte euch nur darüber informieren, dass Nias eben nicht nur tolle Inseln, meinen Liebsten und ein internationales Team bietet, sondern auch ganz schön heftige Überraschungen bereit hält…..
Liebe Grüße und Glück auf.